Vielfalt in Studium und Lehre
„Es war eine großartige Erfahrung!“ – Mit diesen Worten, wenngleich auf Englisch, verabschiedete sich die portugiesische Referentin, Associate Professor Isabel Pedrosa von der Coimbra Business School, vom diesjährigen Didaktik-Forum an der Technischen Hochschule Brandenburg (THB). Dazu hatten sich am 02./03. Juli bei hochsommerlichen Temperaturen rund 30 an Hochschullehre Interessierte im Rittersaal der THB versammelt. Unter ihnen Lehrende und Studierende der THB, aber auch Vertreter weiterer deutscher und internationaler Hochschulen, in diesem Jahr aus Schweden, Belgien, Spanien, Portugal und Griechenland.
Gemeinsam wurde über motivierende Lehr- und Lernformen nachgedacht und Beispielen guter Praxis gelauscht. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie Hochschullehre gestaltet werden kann, damit den Studierenden unabhängig von ihrer bisherigen Bildungsbiografie ein erfolgreiches Studium ermöglicht wird. Dabei soll die Lehre gleichzeitig für Lehrende und Lernende motivierend sein, wie Prof. Dr. Andreas Wilms, Vizepräsident für Lehre und Internationales, in seinem Eingangsstatement formulierte.
Darüber wurde nach jedem der insgesamt zehn Beiträge auch anregend diskutiert. Und um diesen Austausch geht es beim Didaktik-Forum im Besonderen – denn viele Lehrende sehen sich selbst auch als Lernende, wie Prof. Dr. Bettina Burger-Menzel ihren Beitrag einleitete. Als Gewinnerin des Landeslehrpreises 2017 regte sie mit ihrem Beitrag „Survival in the classroom: Is there something like agile teaching?” zum Nachdenken über neue Formen der Lehre an, die soziales und gesellschaftliches Engagement unter Studierenden fördern, dabei zugleich aber auch Lehrende vor neue Herausforderungen stellen.
Seit 2012 wird das Didaktik-Forum an der THB im Rahmen des Qualitätspaktprojekts „Vielfalt in Studium und Lehre“ durchgeführt, seit 2016 ist es international ausgerichtet. Es bietet Lehrenden die Möglichkeit, ihre Ansätze und Konzepte auch über Fach- und Ländergrenzen hinweg zu diskutieren und bekannter zu machen und dabei zugleich auch über den eigenen Tellerrand hinauszublicken. Zudem unterstützt es die Vernetzung innerhalb der eigenen Hochschule. Immer wieder entstehen, nicht zuletzt durch die Fortsetzung des Austausches in den Konferenzpausen, neue, fachbereichsübergreifende Projekte.
Die thematische Bandbreite der Beiträge des diesjährigen Didaktik-Forums war groß. Mit innovativen und praxisorientierten Formaten rund um das ingenieurwissenschaftliche Studium beschäftigten sich drei Beiträge. Anschaulich und charmant demonstrierte das Team um Dr. Christina Niehus (THB), mit wie viel Einsatz und Leidenschaft Lehrende, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den zusätzlichen Aufwand meistern, der damit oft einhergeht. In ihrer Präsentation stellten sie das 2017 eingeführte „Studieneingangs-Camp“ für angehende Ingenieurinnen und Ingenieure der THB vor. Mit viel Engagement aller Beteiligten wurde am Fachbereich Technik zudem der Bachelorstudiengang Maschinenbau grundlegend reformiert. Besonders hervorzuheben ist das Erstsemesterprojekt in der neu etablierten „Offenen Werkstatt“. Diese wurde im Beitrag von Prof. Dr. Martin Kraska vorgestellt und ermöglicht Studierenden frühzeitig praktische und studienrelevante Kompetenzen zu erwerben.
Doch auch international tut sich Einiges in ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen. Jean Lecocq, Lehrender der Ingenieurhochschule ECAM in Brüssel, präsentierte das dort praktizierte „Project Integrateur“: während des zweiten Semesters durchlaufen die dreihundert ECAM-Studierenden in interdisziplinären Teams alle Stufen der Produktentwicklung in Form eines Wettbewerbs - von der Idee, über die Detailplanung bis hin zu Bau und Präsentation des Modells.
Der Informatik-Professor Dr. Martin Schafföner (THB) beschäftigt sich bereits seit Längerem damit, wie es gelingen kann, große und recht heterogene Studierendengruppen zu motivieren und zu einem kontinuierlichen Lernen anzuregen. In seinem Beitrag zeigte er auf, wie dies durch semesterbegleitende Aufgaben in Kombination mit einem veränderten Prüfungsmodus unterstützt werden kann. So können sich die Studierenden beispielsweise mit der selbständigen Produktion von Lehr-Videos zum Semesterstoff einen Bonus für die Abschlussklausur erarbeiten.
Um die Frage der Heterogenität ging es auch im Beitrag von Charlotta Edlund von der Mälardalen University aus Schweden. Hier wurde die Frage diskutiert, inwiefern unterschiedliche Lerntypen unter den Studierenden in der Hochschullehre berücksichtigt werden können. Das von ihr vorgestellte Modulbeispiel integrierte dabei unterschiedliche Lernformen – auf Vorlesungen folgten projektbasierte Angebote und Blogs, Diskussionen und Phasen der Reflexion anhand von Lerntagebüchern, sogenannten Chronicles.
Wenn es um neue Lehrformen geht, steht das Thema Online-Lehre / Blended Learning nach wie vor auf der Agenda und wurde in zwei Beiträgen aufgegriffen. FH-Professorin Azucena Pérez Alonso von der spanischen Hochschule Isabel I griff die Frage auf, wie künstliche Intelligenz das Lernen in Hochschulen unterstützen kann und, beispielsweise durch die Nutzung von Big Data, ein adaptives Lernen ermöglichen kann. In welcher Form durch das Lernen im virtuellen Raum neben Wissen auch Kompetenzen erworben werden, darüber wurde im Anschluss auch kontrovers diskutiert.
Auf einer pragmatischen Ebene zeigte der nachfolgende Beitrag von Jenny Ludwig (THB) Möglichkeiten auf, welche die Lernplattform Moodle beispielsweise im Mathematikbereich bietet – etwa für Übungsaufgaben, die ergänzend angeboten werden.
Einen neuen Blickwinkel eröffnete der Vortrag von Isabel Pedrosa, Associate Professor an der Coimbra Business School(CBS) in Portugal. Sie zeigte die Chancen, die sich durch die enge Zusammenarbeit mit Fachverbänden und international agierenden Institutionen eröffnen. An der Einführung eines neuen Studiengangs an der CBS erläuterte sie beispielhaft, welche Möglichkeiten sich für Studierende und Lehrende eröffnen - von der inhaltlichen Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Curricula, über den Zugang zu Fachjournals, die Organisation gemeinsamer Workshops bis hin zur Teilnahme von Studierenden an Wettbewerben.
Prof. Dr. Dimitrios Maditinos, Vizerektor des Eastern Macedonia and Thrace Institute of Technology (EMaTTech) in Griechenland, stellte das Thema “Auslandsstudium” in den Mittelpunkt seines Beitrags. Obwohl seit der Bologna Reform Internationalität und Mobilität im Studium einen hohen Stellenwert einnehmen, ist die Praxis häufig nicht einfach. Was motiviert Studierende, sich auf ein Auslandssemester einzulassen und welche Angebote kann eine Hochschule für internationale Studierende schaffen? Dieser Frage widmete er sich in so motivierender Form, dass vermutlich Einige der Anwesenden über ein Studium oder einen Lehraustausch an dieser griechischen Hochschule nachdachten.
Hier stehen nun alle Vorträge zum Download zur Verfügung: